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Reden wir wirklich genug? – Warum echte Gespräche eure Beziehung retten können

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Man hört es überall: Kommunikation ist der Schlüssel zu einer glücklichen Beziehung. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Viele Paare erzählen mir in meiner Praxis, dass sie ohnehin viel reden – über Alltag, Termine, To-dos. Aber ist das wirklich die Art von Gespräch, die Nähe und Verbindung schafft?

In diesem Artikel erfährst du, warum Reden nicht gleich Reden ist, welche Gespräche eure Beziehung wirklich stärken – und wie ihr wieder miteinander in Kontakt kommt, jenseits von Einkaufslisten und Konfliktvermeidung.

Wir reden doch ständig – oder?

Viele Paare in meiner Praxis sagen auch, dass sie viel reden und dass das gut funktioniert. Frage ich genauer nach, höre ich, dass sie vor allem über den Alltag und Probleme reden. Was tatsächlich fehlt, ist die Tiefe.

Eine meiner Standardfragen ist: Redet ihr über eure Beziehung? Und die meisten denken dabei automatisch an Beziehungsprobleme.

Gewaltfreie Kommunikation, Ich-Botschaften, bedürfnisorientierte Gespräche… All das ist längst bekannt und wird von vielen auch ganz gut umgesetzt. Aber: Viele Paare reden nicht über das Wesentliche, sondern nur über das, was beredet werden muss.

Einige landen dann in einem Modus, in dem sie toll als Team funktionieren, andere streiten viel ohne einander wirklich zu verstehen und wieder andere landen in einer Wohlfühlzone, in der sie wissen, worüber sie ohne Streit reden können und blenden das andere aus.

Aber nur in der Tiefe, berühren wir uns wirklich. Und genau diese Gespräche sind es, von der eine Beziehung lebt.

Wie echte Gespräche Nähe schaffen

Erinnert ihr euch an die Verliebtheitsphase? In dieser Zeit reden viele Paare stundenlang und haben auch wirklich gute Gespräche. Sie reden über das Wesentliche, also dass, was ihr Wesen tatsächlich berührt.

Später reden Paare über das, was notwendig ist und vermeiden Gespräche über Themen, die zum Konflikt werden können. Oder sie reden über diese Dinge und streiten darüber viel. Denn was fehlt ist eigentlich, dass sie Stellung beziehen. Frei nach dem Motto: Das will ich. Das willst du. Wie finden wir etwas Gemeinsames?

Wenn man Stellung bezieht, wird man greifbar. Natürlich kann auch Reibung entstehen, aber es wird auch klar, wo der andere steht.

Paare, die nicht miteinander reden, kennen sich oft nicht richtig aus. Sie wissen nicht, was ihr Partner will oder nicht will und werden unsicher. Genau da geht die Verbundenheit verloren.

Eine Partnerschaft wird nicht bedroht, wenn ein Paar unterschiedliche Meinungen hat. Ein Paar wird bedroht, wenn es sich verliert.

Wenn Reden schwerfällt – besonders ihm

Viele Menschen, vor allem Männer wollen ihre Probleme mit sich ausmachen. Sie haben kein Bedürfnis danach, miteinander zu reden. Am Anfang einer Beratung höre ich oft, dass es reicht, wenn sie mit ihren Freundinnen redet und ihm passt das schon so, wie es ist. Aber während er seine Probleme mit sich selbst ausmacht, geht die Verbindung zwischen den beiden verloren.

Wenn das Paar dann beginnt, sich zu öffnen, merkt es, dass es guttut miteinander zu reden. Sonst wären Psychotherapien, die erwiesenermaßen bei beiden Geschlechtern heilende Wirkung haben, auch wirkungslos.

In einem Gespräch zeige ich nicht nur etwas von mir, sondern ich gebe dem anderen die Chance auch etwas zu zeigen und auf mich zu reagieren.

Das heißt nicht, dass es immer leicht ist, diese tiefen Gespräche zu führen, aber sie verbinden. Sie bringen mir Klarheit. Und sie nähren die Beziehung.

So gelingt der Einstieg in tiefere Gespräche

Es braucht Mut, Dinge anzusprechen. Vor allem wenn das Dinge sind, über die man schon sehr lange oder noch nie geredet hat. Deshalb ist es hilfreich, wenn man mit etwas Positivem beginnt. Zum Beispiel könnte man über die Dinge reden, die gut funktionieren oder in schönen Erinnerungen schwelgen.

Ich empfehle Paaren genau hinzuhören. Es kann sein, dass bereits in solchen Gesprächen Wünsche und Sehnsüchte auftauchen, über die man reden kann.

Nicht jedes Bedürfnis kann und muss erfüllt werden, aber wenn das Bedürfnis Raum bekommt, fühlt man sich gesehen und wertgeschätzt.

Und darum geht es in einer Beziehung: Absolut jeder Mensch hat das Bedürfnis, gesehen zu werden. Und Gespräche sind ein wundervoller Weg, um sich bewusst einander zuzuwenden und zu sehen und gesehen zu werden.

Diese innere Haltung verändert alles

Auch schwierige Themen müssen nicht schwierig sein. Dazu ist es notwendig, dass man seine Haltung verändert.

Viele Menschen fühlen sich in Konflikten schnell angegriffen und kommen dann sofort in einer Verteidigungshaltung, anstatt zu hören, was der andere eigentlich sagen will. Deshalb empfehle ich immer diesen Zugang:

Wir beide GEGEN das Problem. Es geht in einer Beziehung niemals darum den anderen zu verletzten oder klein zu machen, sondern darum den besten Weg zu finden, wie die Bedürfnisse von beiden gesehen werden.

Wer diesen Zugang verinnerlicht, führt auf einmal andere Streitgespräche.

Ein kleiner Perspektivwechsel – große Wirkung

Übrigens kann es auch ganz hilfreich sein, dem anderen einfach mal zu unterstellen, dass er oder sie mich nicht verletzen will und einfach mal nachzufragen, was er/sie gemeint hat.

Am Ende des Tages seid ihr hoffentlich zusammen, weil ihr zusammen sein wollt.

Wenn ihr merkt, dass ihr Probleme habt, miteinander zu reden und tiefe Gespräche vermisst, bucht einen Termin bei mir. Oft ist es einfacher diese Gespräche zu beginnen, wenn es eine neutrale dritte Person gibt, die anfangs übersetzt und den Start erleichtert.

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Astrid Luise Weinhofer

Ich bin Sexualtherapeutin und Paarberaterin und Psychotherapeutin in Ausbildung. Seit 2017 begleite ich Paare und Einzelpersonen auf ihrem Weg zu einer selbstbestimmten, lustvollen Sexualität.

Bei mir gibt es keine trockene Theorie – sondern echte Übungen zur Umsetzung für ein glücklicheres Liebes- und Sexleben.

Privat bin ich Mama und glücklich verheiratet. Ich weiß, wie herausfordernd es sein kann, Lust im Alltag zu bewahren.